Freitag, 31. März 2017

Der Wildhüter als Waldhüter

Diesen Artikel, aus der Serie "Hinterstoder Freiwillig" der Journalistin Marlis Stubenvoll hat Julia Körber von der Gemeinde Hinterstoder zur Verfügung gestellt.

Marlis Stubenvoll ist Journalistin und studiert nach Studienaufenthalten in Finnland und Dänemark zur Zeit im Master "Journalism, Media and Globalisation" in Amsterdam. In den Ferien zieht es sie immer wieder zurück in ihren Heimatort Hinterstoder. Die Artikelserie "Hinterstoder Freiwillig", aus der dieser Artikel stammt, entstand 2016 und wurde finanziert aus den Mitteln des 
Zukunftentwicklungs-Prozesses Agenda 21 des Landes Oberösterreich. 

Der Wildhüter als Waldhüter
Äußerlich entspricht Rainer Hackl Senior auf der Pirsch einem Jäger wie aus dem Bilderbuch. Vom Filzhut bis zu den Stiefeln in Dunkelgrün gekleidet sitzt er fast regungslos am Hochstand. Mit dem Fernglas lässt er den Blick durch den Wald streifen.

Innerlich entspricht er aber nicht dem, was böse Zungen der Jägerszunft nachsagen – etwa, dass es bei der Jagd nur um die Trophäe geht. Er orientiert sich an einem alten Spruch, dem ihm ein erfahrener Jäger mit auf den Weg gegeben hat, “Wenn es dir einen Stich im Herzen gibt, wenn du im Wald einen Schneck zersteigst – erst dann bist du ein richtiger Jäger. “

Nicht jedem kommt bei dem Schlagwort „Freiwilligenarbeit“ die Jagd in den Sinn. Dabei spielen Jäger gerade für einen Ort wie Hinterstoder eine wichtige Rolle im Gleichgewicht zwischen Wild und Wald. Sie pflegen einen Hegering mit 15.000 Hektar, der sich auf 26 Jagdgebiete aufteilt. Eines davon ist die Genossenschaftsjagd, in der Hackl als Jagdleiter auftritt. Einmal morgens und einmal abends findet man ihn in einem Hochstand in der Tambergau.

„Das meiste an der Jagd ist Forstwirtschaft“ erklärt er. Deshalb beobachtet er die Vergleichsfläche genau – ein eingezäuntes Stück Wald, das anzeigt, welche Baumarten hier ohne den Verbiss durch das Wild aufkommen. Seine Erkenntnis: Der Hunger der Rehe auf die delikaten kleinen Tannentriebe macht es der Baumart schwer. Also hilft er den Pflänzchen auf die Sprünge, mit einem Zaun aus biologisch abbaubarem Recyclingmaterial. So kommt der Wald zum richtigen Maß an Diversität. Mit den Mischwäldern an den Nordhängen zeigt sich Hackl zufrieden.

Natürlich spielt auch der Abschuss eine Rolle. Wieviel geschossen wird, bestimmt die Behörde für den Hegering – aber wie ein Jäger mit dieser Zahl umgeht, darauf kommt es für den erfahrenen Hackl an: „Man darf zu seinen Trophäen ruhig stehen. Aber viel wichtiger ist es, dass die richtige Struktur bei den Tieren erhalten bleibt.“ Mit „Struktur“ meint er das Gleichgewicht zwischen erfahrenen Leittieren und Jungen. Der Jäger muss seinen Wildbestand genau kennen und behutsam vorgehen. Schießt er das falsche Tier, fehlt der Gamsherde vielleicht die erfahrene Anführerin. Erschreckt er das Rotwild, könnte es sich lange nicht aus dem Wald trauen. Und das schlägt sich wieder auf den Verbiss nieder.

Auch Tierschutz ist eine Aufgabe des Jägers. Zwischen 15 und 20 Mal meldet sich die Polizei bei Hackl, oft mitten in der Nacht. Für den erfahrenen Jäger ist es leichter, verletzte Tiere aufzuspüren und vor einem qualvollen Verenden zu bewahren.

Was Hackl zu seiner Tätigkeit motiviert, ist die Liebe zur Natur. Die dringt bei ihm durch jeden Satz: Einen „kleinen Lauser“ nennt er das Reh, dass es sich zum Wiederkäuen in der Wiese gemütlich gemacht hat. Auch der Schwarzspecht fällt ihm auf, der am Waldrand aufgeflogen ist. Den Waldmeister am Boden notiert er wohlwollend, weil er guten Boden markiert. Er späht nicht nur in den Wald, er horcht auch in ihn hinein. Ein Zaunkönig meldet sich.

Der Wald ist für Hackl nicht die Kulisse für die Jagd, er ist der ganze Sinn dahinter. „Interessant wird es erst, wenn du die Natur verstehst“, sagt er. Und davon versteht er viel..





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