Freitag, 6. April 2018

Eine Geschichte von Sommerfrischlern 1919

Wie gewisse Sommerfrischler sich bei den Einheimischen unbeliebt machen, darüber berichtete das "Linzer Tagblatt" und "Die Arbeiter Zeitung" im August 1919.
Nachstehend der Artikel:
Mit welchen Mitteln die reichen Wiener arbeiten, um sich den Sommeraufenthalt bei uns in Oberösterreich zu erzwingen und recht gemütlich zu gestalten, zeigt deutlich folgendes Geschichtchen aus Hinterstoder:
So wie schon seit mehreren Jahren wollte auch heuer wieder die Familie eines frisch geadelten Millionärs, die immer ein großes, modern hergerichtetes Bauerngut der Jagdbesitzerin und ehemaligen Gräfin R. bewohnte, hierher kommen. Sie richtete ein Ansuchen an die Gemeindevorstehung, das jedoch trotz einer in diesem Falle, zugesagten Spende von 1000 Kronen für die Ortsarmen vom sozialdemokratischen Ernährungsausschuß glatt abgelehnt wurde, da die Angehörigen dieser Familie immer auch noch einen ganzen Troß von Dienstboten mitbrachten und als arge Hamsterer weit und breit bekannt und gefürchtet waren (voriges Jahr wurde ihnen zum Beispiel bei der Abreise eine ganze Kiste mit Butter und Fett etc. auf der Station draußen konfisziert!) so ist der Beschluß gerecht und lobenswert; die Sozialdemokraten (Tischlermeister Dietl sen., Zimmermann Thaller, Maurer Klausner und Schuhmachermeister Grabner) hatten sich damit um das ganze Tal, besonders aber um die kleineren bedürftigen Leute verdient gemacht. Zur Charakteristik dieser Sommerfrischler muß erwähnt werden, daß sobald sie angekommen waren, mit dem gleichen Tage auch schon nichts mehr zu bekommen war. Eigene Leute wurden herumgeschickt bis über Vorderstoder hinaus, die alles aufkauften und bei Erfolg reichlich entlohnt wurden. Alles Geflügel wurde zusammengekauft, der Herr Pfarrer lieferte sogar ein Jungschwein um 1700 Kronen, Butter brachten die Bäuerinnen in ihrer Profitgier in Körben auf dem Kopfe am helllichten Tage und wurden dafür natürlich mit allen möglichen Geschenken und Tabak bedacht. Eier, Schwämme und Waldbeeren, alles wurde den Herrschaften gebracht; die Waren wurden natürlich zu Wucherpreisen verkauft und auch gern bezahlt. Das Geld spielte dabei eben keine Rolle. Die Familie schwelgte geradezu in allen möglichen Genüssen. Sie erhielt acht bis zehn Liter Milch täglich und litt an Wildbret und Forellen auch keinen Mangel. Schon beim Frühstück  bog sich sozusagen der Tisch, wie eine Angestellte unliebsamer Weise ausplauderte; Schinken und andere Delikatessen wurden aufgetragen und nach diesem Muster gings natürlich  auch bei den Hauptmahlzeiten zu, man aß sich manchmal einfach durchs ganze Tierreich (Fisch, Geflügel, Braten etc.) hindurch. Der Mann war, daß muß der Wahrheit gemäß gesagt werden, sanft, ein ganz sympathischer Charakter, der auch nebenbei manches für die Gemeinde tat. Er kam meistens nur kurz zu Jagdzwecken herein, während sich der desto arroganter auftretende Herr Sohn recht unliebsam bemerkbar machte, indem er es für angemessen hielt, sich in dieser schweren Zeit auch noch Reitpferde hereinkommen zu lassen, was in so einem kleinen armen Dorf und unter der abgerackerten und ausgeschundenen Arbeiterbevölkerung natürlich gerechtes Ärgernis ertragen mußte. Die Pferde wurden mit Hafer und Heu gut gefüttert, während manche Leute oft kaum Futter für ihre einzige Ziege aufbringen konnten. So werden auch in weltentlegenen, kleinen, friedlichen Orten den Leuten langsam die Augen geöffnet und nun findet der Beschluß, die Leute nicht mehr hereinzulassen, allgemein Billigung....
So treiben es eben gewisse Wiener und mehren die Abneigung des Landes gegen Wien....  





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen